Einzigartiger Versuchsstand: „Shipping“ wird noch umweltfreundlicher
Umweltschutz schadet der Natur? Kann passieren. Wenn zum Beispiel auf Schiffen Abgase gereinigt werden, um zu verhindern, dass Schwermetalle und Rußpartikel in die Atmosphäre gepustet werden. Zwar verschwinden die dunkeln Rauchschwaden über den Frachtern und Schleppern. Das Meer aber färbt sich schwarz.
Umweltschutz paradox? Wiktoria Vith erklärt: „Die Abgase aus den mit Schweröl betriebenen Schiffsmotoren, meist sind es Containerschiffe, dürfen bestimmte Emissionen nicht überschreiten, wenn sie in geschützte Gewässer ankommen. Damit das gelingt, werden die Abgase in sogenannten Scrubbern gereinigt.“ Diese Anlagen, so die Professorin für Verfahrenstechnik an der Hochschule Flensburg, könne man sich wie eine riesige Dusche vorstellen. Das von unten hoch strömende Gas werde von oben mit Seewasser, nun ja, abgeduscht. „Schwefel, Schwermetalle und Feinstaub gelangen dann nicht mehr in die Luft - aber dafür ins Meer“, so Vith. Das widerspricht natürlich den weltweiten Bestrebungen nach Gewässerschutz im maritimen Sektor. Damit der Atmosphärenschutz nicht auf Kosten des Gewässerschutzes abläuft, forschen Wissenschaftler*innen um Wiktoria Vith an einer innovativen Membrananlage zur Reinigung von Scrubberabwasser. „Unser Ziel“, sagt die Professorin, „ist es, dass 99 Prozent des Scrubberwassers unbedenklich zurück ins Meer abgeleitet, der Rest als konzentrierter Schlamm entsorgt werden kann.“
Zu diesem Zweck geht gerade am Standort Kielseng, dem Großmaschinenlabor des Maritimen Zentrums der Hochschule Flensburg direkt am Fördeufer, eine in Deutschland einmalige schiffstypische Anlage in Betrieb. Der entsprechende Forschungsschiffmotor ist vorhanden, nun wurden der Scrubber und die Membrananlage nach Ultrafiltrationsprinzip gebaut. „Der Betrieb der Anlage generiert dann ein authentisches Scrubberwasser für die Forschung unabhängig vom laufenden Schiffsbetreib“, erklärt Vith. Gefördert wurde dieses On-Shore-Projekt mit 751.000 Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
In den kommenden Jahren wird das Team, in dem neben Vith und Prof. Dr. Michael Thiemke vom Maritimen Zentrum mehrere wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende mitarbeiten, die Membrantechnologie mit den Industriepartner*innen optimieren. In einer Membran sieht Vith den Vorteil, dass sie eine scharfe Grenze zwischen gereinigtem Wasser und den filtrierten Schadstoffen zieht. „Gegenwärtige Verfahren wie Hydrozyklone oder Zentrifugation sind nicht so effektiv.“ Aber in dem Projekt „CleanMarine4.0“ geht es nicht nur um die reine Filtertechnik. Man frage auch nach der richtigen Anlagenkonstruktion für den Schiffseinbau, der Membranlebensdauer angesichts aggressiver Stoffe und korrosionsförderndem Salzwasser und nach der bestmöglichen Reglungstechnik für die komplexen Systeme. „Wir entwickeln eine zuverlässige Technologie zur Emissionsminderung in die maritime Umgebung – die gesetzlichen Mindestanforderungen werden bei Weitem übertroffen“.
So wird „Shipping“ noch umweltfreundlicher.
Hier ein Video von der Entstehung und der ARD Beitrag.