Auf Kurs in die Zukunft
„Never change a running system“ ist eine Redewendung, die jeder Computernutzer bestimmt einmal gehört haben wird. Leider würde dessen Anwendung aber auch in gewisser Weise Stillstand bedeuten. Mit Blick auf die Entwicklung unserer maritimen Welt, in der heute mehr Schiffe, ausgestattet mit modernster Technik, auf den Weltmeeren unterwegs sind als je zuvor, ist eine gute und umfassende Ausbildung „State of the Art“ unserer Studierenden unerlässlich. Stillstand stellt hier mit der Zielsetzung einer modernen Ausbildung ein absolutes „No-Go“ für uns dar.
Besonders wichtig ist hier die Simulator-basierende Ausbildung, in welcher neben Bedienung der einzelnen Geräte wie beispielsweise Radar und ECDIS (Electronic Chart Display and Information System) auch die praktische Anwendung der Kollisionsverhütungsregeln (KVR), Manövrieren mit verschiedenen Schiffstypen oder aber Notfallmanagement und Bridge-Team-Management vermittelt werden. Gerade hier ist zur optimalen Vorbereitung auf den Berufseinstieg unserer künftigen Wachoffiziere eine aktuelle und realistische darstellende Ausstattung wichtig. Aus diesem Grund haben wir in unserem Schiffsführungssimulator am Maritimen Zentrum im Zeitraum vom 22. März bis 03. April wieder ein umfassendes Hard- und Software-Upgrade durchgeführt.
So wurde beispielsweise die komplette zur Visualisierung benötigte PC-Hardware erneuert. Die zuvor hierfür genutzten 34 Computer wurden durch 20 neue Workstations ersetz. Wer jetzt vermuten würde, man habe die Anlage verkleinert, der irrt. Die hohe Leistungsfähigkeit der neuen Systeme ermöglicht hier einen vollwertigen Ersatz bei bedeutend geringerem Hardwareeinsatz und dennoch ausreichend vorhandenen Leistungsreserven für zukünftige Erweiterungen. Auch an der Ausstattung der Brücken wurde gearbeitet. Hier wurden neben Digitalkompassen auch Controller für die Bedienung der Bow-/Sternthruster integriert. Wobei im Sinne einer möglichst realistischen Ausstattung sogenannte Echthardware, also Anzeigen und Bedienelemente wie sie auch auf realen Schiffen im Einsatz sind, verwendet wurden.
Natürlich wurden auch turnusmäßige Servicearbeiten wie zum Beispiel der Austausch der Projektorlampen oder die Kalibrierung des Sichtsystems durchgeführt. Ein interessantes Detail dabei ist, dass zahlreiche dieser Wartungs- und Modernisierungsarbeiten inzwischen durch die Hochschule selbst durchgeführt werden. Die dabei teilweise eingesparten Ausgaben können so effizient für weitere Modernisierungsmaßnahmen eingesetzt werden und kommen damit den Studierenden zugute. Aber auch auf der Seite der Software hat sich einiges getan. Die bisherige Version 5.25 des NaviTrainer Professional 5000 aus dem Hause TRANSAS, welche die Softwareumgebung des Simulators darstellt, wurde auf die aktuellste Version des Herstellers, Version 5.35 aktualisiert. Durch diesen Schritt sind verschiedenste Neuentwicklungen wie auch Weiterentwicklungen in das System eingepflegt worden.
Die wichtigsten Neuerungen stellen dabei sicherlich die nun vorhandenen PhysX Elemente dar, welche eine noch realistischere Interaktion des Schiffes mit anderen Schiffen oder der Umwelt ermöglichen. Weitere Verbesserungen in den Licht-, Schatten- und Nebeleffekten ermöglichen nun ein Fahren bei beispielsweise verminderter Sicht nahe der Wirklichkeit. Ergänzt und ermöglicht wird dies durch Einsatz der neue Grafik-Engine Seagull6000, welche nicht zuletzt in der gesamten Visualisierung ein erheblich realistischeres Abbild bietet.
Um die im Simulator bereits vorhandenen Trainingsmöglichkeiten weiter auszubauen wurde auch ein sogenanntes Eis-Modul integriert. Die Bandbreite dieses Moduls deckt dabei alles von der einzelnen Eisscholle bis hin zum flächendeckenden Eisfeld oder Eisberg ab. Zusammenarbeit mit Eisbrechern, das Fahren im eisfreien Kanal oder Anlegemanöver im Eis sind nur einige der vielzähligen Trainingsmöglichkeiten. Somit können unsere Studierenden künftig über das Navigieren und Manövrieren der unterschiedlichsten Schiffstypen in verschiedensten Seegebieten hinaus, auch in Umweltbedingungen nahezu aller Jahreszeiten und Wetterlagen ausgebildet werden.
Abgerundet wird die neue Software-Version durch ihre nunmehr zur Verfügung stehende Vernetzungsfähigkeit mit anderen Simulatoren. Im Rahmen des Forschungsprojektes STM (Sea Traffic Management), an dem die Hochschule Flensburg ebenfalls beteiligt ist, wird dieses Feature zum weiteren Ausbau des EMSN (European Maritime Simulator Network) genutzt, um Simulatoren in Europa miteinander zu verknüpfen und großdimensionierte Übungen mit mehr als 30 an den einzelnen Standorten real besetzten Simulatorbrücken zu fahren. Über die Projektarbeit hinaus können hier nun auch in Kooperation mit anderen Hochschulstandorten in Europa gemeinsame Simulator-Übungen absolviert werden. Da hier quasi jedes Schiff von Studierenden gesteuert wird und auch mit den einzelnen Schiffen kommuniziert werden kann, bietet dies den Studierenden die Möglichkeit die unterschiedlichsten Situationen auf See realitätsnah im Simulator erfahren zu können.
Als Ergebnis dieses umfangreichen Upgrades ist der Schiffsführungssimulator am Maritimen Zentrum der Hochschule Flensburg „State of the Art“ in der maritimen Simulationstechnik. Dies bedeutet allerdings nicht, dass man sich nun zurücklehnt. Ganz im Gegenteil, weitere Ausbaumaßnahmen befinden sich bereits in Überlegung und auch in Planung. Ob in Richtung Offshore inklusive DP (Dynamic Positioning) oder Erhöhung der Projektionsauflösung zur noch detaillierteren Darstellung, stellen hier nur zwei Beispiele dar. Denn letztlich wird entsprechend unserer Zielsetzung durch eine solche, in Deutschland fast einzigartige Ausstattung, eine gute wie auch moderne Ausbildung unserer Studierenden und damit auch optimale Vorbereitung auf das Berufsleben, ermöglicht.